PRÄAMBEL

Gesundheitsdaten haben enormes Potenzial, Verfahren, Produkte und Konzepte für die Prävention, die Früherkennung, die Diagnose und die (personalisierte) Therapie von Krebs nachhaltig zu verbessern. Vision Zero hat die Diskussionen um die Digitalisierung der Gesundheitsdatenforschung im Kontext Onkologie in der Vergangenheit durch zahlreiche Aktivitäten unterstützt und im Rahmen einer „Berliner Erklärung“ Rahmenbedingungen formuliert, die teilweise Eingang in die Gesetzgebung gefunden haben. Die vorliegende „Berliner Erklärung 2.0“ von Vision Zero setzt darauf im aktuellen regulatorischen Kontext mit einer Reihe konkreter Handlungsempfehlungen auf. Alle Maßnahmen, die in dieser Erklärung formuliert werden, dienen einem gemeinsamen Ziel: der Verantwortung für die Gesundheit und das Wohl der Patient:innen. Gesundheitsdaten sind keine abstrakten Zahlen, sondern repräsentieren Menschen, deren Versorgung, Lebensqualität und Heilungschancen verbessert werden sollen. Vision Zero setzt sich dafür ein, dass jede Entscheidung, jede Nutzung von Daten und jede Innovation diesem Ziel verpflichtet bleiben: Im Mittelpunkt muss der Mensch stehen!

1 /  VERSORGUNG VERBESSERN

Handlungsempfehlung 1a – Real-World-Daten zugänglich machen
Wir plädieren dafür, Real-World-Daten konsequent für die akademische und privatwirtschaftliche Forschung zugänglich zu machen, auszuwerten und wo sinnvoll auch für Zulassung und Nutzenbewertung zu verwenden. Ziel muss sein, zeitnah und unmittelbar die Versorgung der Patient:innen zu verbessern. Lücken im regulatorischen Rahmen sollte eine neue Bundesregierung zeitnah adressieren, z.B. im geplanten Registergesetz.

Handlungsempfehlung 1b – Produkte entwickeln und Wissen teilen
Wie in der ersten Berliner Erklärung plädieren wir auch für eine freiwillige Selbstverpflichtung der Industrie und anderer Stakeholder, erworbenes Wissen (z. B. auch in Form von Daten) und Technologien für die nichtkommerzielle Erforschung mit dem Ziel einer konkreten und zeitnahen Verbesserung der Versorgung von Patient:innen und im Sinne der Patientensicherheit zu teilen.

2 / VERTRAUEN SCHAFFEN – PATIENTENKOMPETENZ STÄRKEN 

Handlungsempfehlung 2 – Kompetenzaufbau
Um eine bewusste Entscheidung von Bürger:innen zu ermöglichen, muss ihnen der Nutzen, den ihnen die Digitalisierung und die Auswertung von Gesundheitsdaten bringt, aufgezeigt werden. Das Vertrauen der Bürger:innen in das Gesundheitssystem muss durch einen transparenten Umgang mit Gesundheitsdaten gestärkt werden. Ein entsprechender digitaler Kompetenzaufbau („Health Data Literacy“) sowohl auf Seiten der Bürger:innen als auch auf Seiten der Forschenden ist anzustreben.inne der Gesellschaft voranzubringen.

3 / DATENSCHUTZ: MEDIZINISCHE FORSCHUNG, PATIENTENVERSORGUNG & GESUNDHEITSWIRTSCHAFT BRAUCHEN EINEN GEMEINSAMEN RAHMEN

Handlungsempfehlung 3a – Bundes- und Landesdatenschutzbehörden
Abstimmungskonzept mit der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) und den Landesdatenschutzbehörden zur Neuausrichtung des Datenschutzes, insbesondere Umsetzung der federführenden Datenschutzaufsicht nach §5 GDNG, entwickeln.

Handlungsempfehlung 3b – Bundes- und Landesgesetzgebung
Die Forschung mit Gesundheitsdaten sollte durch vermehrte Nutzung bundeseinheitlicher gesetzlicher Regelungen weiter entbürokratisiert werden. Die Landesgesetzgeber sollten dort, wo nötig, z.B. bei den Landeskrankenhausgesetzen, intensiv eingebunden werden.

 

4 / GESUNDHEITSDATEN TEILEN

Handlungsempfehlung 4a – Code-of-Conduct
Unter Einbeziehung von akademisch und industriell Forschenden, Patientenvertreter:innen und anderen Stakeholdern sollte ein „Code-of-Conduct“ als freiwilliges Regelwerk und transparenter Rahmen für die Nutzung von Gesundheitsdaten auf nationaler und EU-Ebene entwickelt werden.

Handlungsempfehlung 4b – Recht auf Gefundenwerden
Alle Patient:innen müssen die Möglichkeit haben, ein „Recht auf Gefundenwerden“ auszuüben, also auf Wunsch alle relevanten Informationen zur eigenen Erkrankung frühzeitig und automatisch zu erhalten und über neue Therapiemöglichkeiten sowie aktuelle, anlaufende passende Studien informiert zu werden. Dies gilt es, in der nationalen Gesetzgebung zu verankern.

5 / SELBSTBESTIMMUNG WAHREN, FORSCHUNG ERLEICHTERN

Handlungsempfehlung 5a – Broad Consent
Der Broad Consent Rollout sollte flächendeckend vorangetrieben und an allen Universitätskliniken und, so sinnvoll, auch darüber hinaus umgesetzt werden.

Handlungsempfehlung 5b – Einwilligungsfreie Forschung
Im Kontext der einwilligungsfreien Forschung müssen organisatorisch-strukturelle Anforderungen des EHDS auf den nationalen Kontext heruntergebrochen und zeitnah entsprechende Umsetzungskonzepte entwickelt werden.

6 / FORSCHUNG ERMÖGLICHEN – DATENNUTZUNG & DATENZUGANG

Handlungsempfehlung 6 – Industrielle Gesundheitswirtschaft
Wir schlagen vor, für den Zugang zu medizinischen Daten analog zu den Regelungen und Kontrollen für die Entwicklung und das Inverkehrbringen von medizinischen Produkten (Diagnostika, Arzneimittel, digitale Medizinprodukte) nur solchen Industrieunternehmen die Nutzung vertraulicher Daten zu gewähren, die die entsprechenden regulatorischen, ethischen und datenschutzrechtlichen Anforderungen an Datensicherheit und Vertraulichkeit erfüllen und regelmäßig nachweisen.

 

7 / INFRASTRUKTUR ETABLIEREN

Handlungsempfehlung 7 – Bildung und Vernetzung von Forschungsdaten-Clustern
Schaffung der organisatorischen und strukturellen Voraussetzungen für ein Forschungsdatennetz bzw. ein nachhaltiges interoperables Gesundheitsdatenökosystem, um die Qualität der Patientenversorgung sicherzustellen, Forschung zu ermöglichen, Innovationen zu fördern und deren zeitnahe Implementierung in die klinische Praxis zu erreichen.

 

 

 

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UNTERZEICHNERINNEN UND UNTERZEICHNER DER BERLINER ERKLÄRUNG 2.0

  • Daniel Bahr, München
  • Dr. Ruth Hecker, Essen
  • Prof. Dr. Michael Hallek, Köln
  • Prof. Dr. Dr. Michael von Bergwelt, München
  • Dr. Georg Ralle, München
  • Prof. Dr. Christof von Kalle, Berlin
  • Prof. Dr. Angelika Eggert, Berlin
  • Dr. Daniel Steiners, Grenzach-Wyhlen
  • Dr. Bernd Ohnesorge, Erlangen
  • Vorstand und Vorsitzende wissenschaftlicher Beirat Vision Zero e.V.
  • AMGEN GMBH, MÜNCHEN
    Dr. Detlef Hecker, Senior Manager Medical Science Liaison
  • BRAINLAB AG
    Rainer Birkenbach, CEO
    Martin Wisböck, Director Government Affairs
  • BRISTOL-MYERS SQUIBB GMBH & CO. KGAA
    Dr. Remo Gujer, Geschäftsführer Deutschland
    Dr. Michael May, Vice President, Medical Director Germany
  • BOEHRINGER INGELHEIM PHARMA GMBH & CO. KG
    Dr. Fridtjof Traulsen, Landesleitung Deutschland und Vorsitzender der Geschäftsführung der Boehringer Ingelheim Deutschland GmbH
    Dr. Niklas Hoormann, Medical Advisor Onkologie
  • DAIICHI SANKYO DEUTSCHLAND GMBH
    Dr. Martina Witzel, Head of Oncology Germany
  • DIERKS & COMPANY
    Juliana Dierks
    Dr. Dominik Roters
    Prof. Dr. Dr. Christian Dierks
  • GSK
    Kristina Ostertag, Director Communications, Government Affairs & Market Access
    Sabine Skwara, Head of Government Affairs

WIR DANKEN HERZLICH DEN MITGLIEDERN DER VISION ZERO ARBEITSGRUPPE DIGITALISIERUNG FÜR DIE AKTIVE MITARBEIT AN DER ERARBEITUNG DER BERLINER ERKLÄRUNG 2.0:

  • Dr. Stefanie Rudolph (Koordination), BIH Charité
  • Dr. Bojan Ljepoja, Robert Bartsch, Amgen
  • Dr. Sven Bergner, AstraZeneca
  • Kevin Rieger, BeiGene
  • Dr. Michael May, BMS
  • Martin Wisböck, Brainlab
  • Johannes Kast, Mint Medical
  • Dr. Martina Witzel, Daiichi Sankyo
  • Prof. Dr. Dr. Christian Dierks, Dr. Dominik Roters, Dierks & Company
  • Dr. Jan Schefe, GSK
  • Maurice Gesser, Dr. Tobias Leibfritz, Johnson & Johnson
  • Nadine Borghoff, Lars Lüdemann, Menarini Stemline
  • Dr. Michael Busse, MSD
  • Frederic Kube, Pfizer Pharma
  • Maro Bader, Josefine Becker, Dr. Marina Schlehmann, Roche Pharma
  • Dr. Daniel Stromer, Siemens Healthineers
  • Philipp Pauli, Kristina Plohmann, Takeda